Diesen Blog habe ich ins Leben gerufen, um darin ganz verschiedene
Themen zu behandeln. Hiermit starte ich eine kleine Reihe, die sich mit
der Frage beschäftigt, was Wissen überhaupt ist.
Es ist erstaunlich, dass in der Philosophie oft jene Diskussionen
besonders interessant (und kompliziert!) sind, die sich um alltägliche
Begriffe drehen. Das sieht man schon in Platons Frühdialogen.
Einer dieser interessanten, alltäglichen Begriffe, ist der Begriff "Wissen".
Zum Einstieg, zwei kleine Beispiele:
1) Ich schaue aus dem Fenster: Am Himmel sehe ich dunkle Wolken, in
einer Pfütze bilden sich kleine Kreise. Ich strecke meine Hand aus, und
fühle, wie sie nass wird. Offensichtlich regnet es. Weiß ich, dass es
regnet? Zweifellos ja.
2) Ich behaupte einfach mal so, die aktuellen Lottozahlen wären 1,2,3,4,5,6.
Ich schaue in der Zeitung nach: Die Lottozahlen sind tatsächlich
1,2,3,4,5,6! Wusste ich das, bevor ich in die Zeitung geschaut habe?
Intuitiv würde man sagen: Nein! Das war bloßer Zufall!
Und hier haben wir schon ein wichtiges Merkmal: Wissen scheint nur
vorzuliegen, wenn etwas nicht bloß zufällig wahr ist. Die Lottozahlen
hätten ganz leicht auch 3,6,7,23,34,44 lauten können. Anscheinend habe
ich im Beipiel 2 nur gut geraten. In Beispiel 1 hingegen, konnte ich
mein Wissen, dass es regnet, argumentativ untermauern.
Wissen ist also insbesondere nicht Raten, oder bloß zufällig das Richtige glauben.
Die traditionelle Wissensdefinition lautet daher:
S (ein Subjekt, ein Mensch) weiß, dass p (eine Proposition, eine Tatsache), wenn
1) p wahr ist
2) S glaubt, dass P
3) S rechtfertigende Gründe hat, p zu glauben
Schauen wir uns 1-3 genauer an:
1) Ich weiß, dass p, wenn p wahr ist. Das bedeutet: Wissen kann man nur,
was wahr ist. Ich kann nur wissen, dass es regnet, wenn es tatsächlich
regnet. Ich kann nur wissen, dass die Erde rund ist, wenn sie
tatsächlich rund ist. Gegenbeispiel: Niemand wusste jemals, dass die
Erde flach ist. Wissen bezieht sich also immer auf wahre Sachverhalte.
Man nennt diese Bedingung "Wahrheitsbedingung".
2) ich kann nur etwas wissen, an das ich auch glaube. Das ist logisch:
Es ist denkunmöglich, dass ich etwas weiß, aber nicht daran glaube. Ich
kann nicht wissen, dass es regnet, gleichzeitig aber nicht glauben, dass
es regnet. Man nennt dies "Glaubensbedingung".
3) Wissen liegt nur vor, wenn ich rechtfertigende Gründe habe, etwas zu
glauben. Siehe Beispiel 1: Meine rechtfertigenden Gründe, zu glauben,
dass es regnet sind: Ich sehe die dunklen Wolken, ich spüre, wie meine
Hand nass wird, ich sehe, wie sich in der Pfütze Kreise bilden, etc.. In
Beispiel 2 hingegen, habe ich keine Gründe, die meinen Glauben, dass
die Lottozahlen 1,2,3,4,5,6 lauten, rechtfertigen.
Diese Definition war bis in die 1960er Jahre die herrschende Meinung.
Dann bewies Edmund Gettier, warum sie unzureichend ist. Mit dem
sogenannten "Gettier Problem" beschäftigen wir uns das nächste Mal.
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